Zwischen den ganzen Ständen verschiedenster Universitäten und Fachhochschulen stach mir ein knallroter Stand regelrecht ins Auge. Durch die Studenten und Dozenten der Radboud Universiteit, die Schüler und Eltern informierten, erfuhr ich zum ersten Mal etwas von meinem jetzigen Studiengang. Bisher kannte ich nur das allgemeine Jurastudium in Deutschland. Der Studiengang Internationales und Europäisches Recht war mir neu.

Um mehr über die Uni und den Studiengang zu erfahren, fuhr ich zwei Monate später nach Nijmegen zum Tag der offenen Tür. Dort erfuhr ich mehr und mehr von meinem Studiengang und merkte direkt die vielen Unterschiede zu Deutschland: Lernen in kleinen Gruppen, praxisbezogener Unterricht, keine überfüllten Hörsäle, einmal im Jahr nur Semesterstart um eine Massenuniversität zu vermeiden, ein garantierter Masterplatz und vieles mehr.
Praxisbezogener Unterricht in Jura? Wie sollte das denn aussehen? Besuche in Gerichten? Auch, aber vor allem durch Übungsgerichte. Selber in die Rolle des Anwalts, Richters oder Staatsanwalts schlüpfen. Ebenso sollten Exkursionen zum Internationalen Gerichtshof oder EUROPOL durch die Studentenvereinigungen auf dem Programm stehen.
Viel mehr Informationen brauchte ich nicht. Für mich stand sehr schnell fest, dass ich an der Radboud Universität studieren wollte.

Doch wie ging es nun weiter? Als erstes hatte ich mich bei der SSHN eingeschrieben, da Wohnheimplätze nicht leicht zu bekommen sind. (Die SSHN ist eine Zimmervermittlung extra für Studenten.) Zur Sicherheit hatte ich mir über StudiVZ für die Sprachkurszeit noch ein Zimmer gesucht.
Danach habe ich mich erst bei der Uni eingeschrieben und zu guter Letzt noch für den Sprachkurs angemeldet.

Das Erlernen der Sprache hat sehr viel Spaß gemacht, da wir alle keinerlei Erfahrung mit der Sprache hatten und von Null an anfingen. In den ersten zwei Tagen hatten wir zunächst das Gefühl Halsschmerzen zu bekommen wegen des harten „ch".
Verstehen und schreiben fiel uns recht leicht. Mit dem Sprechen hatten wir alle erst einmal noch Probleme. Aber selbst das ging sehr schnell vorbei. Nach knapp zwei Wochen konnten wir schon die ersten richtigen Gespräche mit Niederländern führen. Und weitere zwei Wochen später konnte jeder aus unserer Gruppe fließend Niederländisch. Sicherlich immer wieder mit kleinen Fehlern, aber das ist wohl normal.
Da die Niederländer ein so aufgeschlossenes Volk sind, boten sich immer wieder Gelegenheiten die Sprache zu üben. Sei es beim Einkauf im Supermarkt, in der Mensa oder einfach auf der Straße. Am Anfang musste ich die Niederländer allerdings erst einmal überzeugen mit mir Niederländisch zu sprechen. Sobald sie meinen Akzent hörten und merkten, dass ich aus dem Ausland komme, nutzten sie gleich begeistert die Gelegenheit um ihr Englisch oder Deutsch wieder aufzubessern. Ich denke mein größter Erfolg bezüglich der Sprache war als mir zum ersten Mal jemand meine Frage auf Niederländisch beantwortete und auch nicht zwischendurch in eine andere Sprache verfiel.

Natürlich war es zu Beginn des Studiums eine Herausforderung in den Vorlesungen alles zu verstehen und mitzubekommen. In den ersten zwei Monaten musste ich recht häufig bei meinen niederländischen Freunden abschreiben, um auch wirklich alle Themen in meiner Mitschrift vollständig zu haben. Je mehr Zeit verging, umso selbstständiger wurde ich und nach zwei Monaten merkte ich, dass plötzlich meine Freunde bei mir abschrieben, wenn sie etwas nicht mitbekamen. Na, wenn Niederländer schon bei mir anfingen abzuschreiben, konnte ich so schlecht ja gar nicht sein. Auch die Hausarbeiten und Klausuren wurden immer besser je mehr Zeit verging.
Es ist also gut zu schaffen in einer Fremdsprache zu studieren. Trotz all meiner Zweifel, die ich zu Beginn des Studiums natürlich hatte, würde ich es jederzeit wieder tun.

Und neben dem Studium gibt es natürlich noch vieles zu erleben. Nijmegen ist eine typische Studentenstadt. Kneipen, Clubs, Festivals, Konzerte, Studentenvereinigungen und vieles mehr gibt es hier genug. Natürlich ist Nijmegen nicht die größte Stadt, wie Amsterdam, Köln oder Berlin. Aber durch ihre vielen kulturellen Angebote und ihr spezielles Ambiente als älteste Stadt der Niederlande hat sie ihr eigenes Flair. Im Sommer ist die „Vierdaagse" (weltberühmtes Wanderevent) zum Beispiel ein Muss, bei dem nicht nur die Strände entlang der Waal, sondern die ganze Stadt und die Gegend darüber hinaus von internationalem Publikum bevölkert sind.
Langweilig wird es hier also nie. Und da wir direkt an der Grenze wohnen, ist die Heimat nicht weit weg.
Wer diesen Schritt wagt, kann um viele interessante Erfahrungen, um zahlreiche Kenntnisse und auch um neue Anschauungen reicher werden.